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Verpasste Gelegenheit


Gestern erlebt….

Im Gespräch mit einer jungen, unerfahrenen Mutter. Sie erzählt mir  so ganz nebenbei, dass ihr 3jähriges Kind sich bei der Vorsorgeuntersuchung geweigert hat, das zu machen, was der Kinderarzt wollte. Ich hake nach und sie sagt mir, dass das Kind auf sie wie eingefroren wirkte. Auch der Arzt hat „spaßeshalber“ zu ihr gesagt: „Da stellt sich ja jemand tot!“.

Nein, für mich ist das kein Spaß. Überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil, ich könnte aus der Hose springen. Warum?

Hellhörig geworden frage ich nämlich weiter und siehe da, das Kind kam als Frühgeburt mit einem Gewicht von 1.500 g auf die Welt und musste insgesamt 6 Wochen im Krankenhaus bleiben. 4 Wochen davon sogar auf der Intensivstation. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was es in dieser Zeit alles mitgemacht hat, aber eins ist klar: ich kann seine Angst vor dem Arzt nachempfinden.

Keine Ahnung, welche Psychologiekenntnisse ein Kinderarzt haben muss. Aber ist es wirklich zu viel verlangt, sich zwei oder drei Minuten Zeit zu nehmen und der Mutter zu erklären, dass das Kind bei der Geburt ein Trauma erlitten hat? Dass es heute nicht bockig und trotzig oder gar schlecht erzogen ist, wenn es nicht das macht, was der Arzt ihm sagt. Sondern dass es schlicht und ergreifend nicht KANN, weil es eine wahnsinnige Angst hat. Panik. Völlig unkontrollierbar. So stark, dass es wahrscheinlich nicht mal mitbekommt, was jemand in dieser Situation zu ihm sagt. 

Die Erklärung dafür steht nämlich ganz am Anfang des Vorsorgeheftes, wo er höchstwahrscheinlich sogar reingeschaut hat. Welch ein Versäumnis.

Die Mutter hätte mit einem ganz anderen Verständnis reagieren können. Das Kind trösten und in den Arm nehmen. Sie wäre nicht genervt gewesen, sondern mit-fühlend. Vielleicht könnte sie jetzt sogar ganz andere Ereignisse aus dem Alltag mit der damals erlebten Situation verknüpfen.

Schade, dass man diesem Kind und dieser Mutter nicht direkt diese Hilfestellung geben konnte. Und wie gut, dass sie mir gegenüber diese Situation erwähnt hat. 

Eine Antwort

  1. Petra Höll sagt:

    Das hast du sehr schön geschrieben. Ich habe meinen Enkel als Pflegekind in Dauerpflege . Seid Geburt an sind wir zusammen. Meine Tochter hat ihn verdrängt,wollte ihn nicht. Hat so weitergelebt,als wäre er nicht im Bauch. Party,Zigaretten und Alkohol. Einen Tag vor der Geburt habe ich es erfahren,,sie wollte ihn zur Adoption freigeben. Nun ist es mein Kleiner und genau so hat er sich beim Arzt verhalten. Er ist 4 und hat Angstzustände.

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