Von was sprechen wir hier denn eigentlich? Achtsamkeit hört sich manchmal etwas abgehoben und superesoterisch an. Es riecht nach stundenlanger Meditation und Ruhe und Sanftmütigkeit. Was aber, wenn man weder ruhig noch sanftmütig ist? Und gar nicht lange ruhig sitzen bleiben kann und eher der Typ „hitzköpfiger Wirbelwind mit wirrem Haar, der keine 3 Sekunden Ruhe hat“ ist? Passt nicht? Schon mal für 10 Sekunden probiert und sofort festgestellt, dass das für einen gar nicht klappt? Na, dann wird es aber Zeit für eine genauere Reflektion 🙂
Wenn du dich bisher auch nur für 5 Minuten mit Achtsamkeit beschäftigt hast, dann kennst du die Aufgabe mit der Rosine, die immer und immer und immer wieder gebracht wird. Kurzfassung: du sollst eine Rosine so lange kauen, bis…. Nun ja, wenn ich ehrlich bin, habe ich bisher weder die Rosine so zerkaut noch habe ich mir die Arbeitsanweisung bis zum Ende durchgelesen. Ich bin nicht mal aufgestanden, um mir eine Rosine zu suchen. Und wenn, dann werf ich mir eher eine Handvoll davon in den Mund und kaue ganz verzückt darauf rum, bis ich sie nach 3 Sekunden runtergeschluckt habe und mir die Tüte noch mal schnappe. Gut, also schon mal keine Übung für mich. Heißt aber nicht, dass Achtsamkeit nichts für mich ist.
Was verstehe ich denn eigentlich darunter? Achtsamkeit heißt für mich ganz einfach, dass ich das auf- und annehme, was im Hier und Jetzt da ist. Punkt. Kritiklos. Bewertungslos. Mit allen Sinnen aufnehme. Hinschaue. Hinhöre. Hinrieche (ähm…. nun ja, eher doch nicht). Bleiben wir mal bei Schauen und Hören. Ganz banal? Nö, find ich nicht. Kostet mich manchmal sehr viel Energie, da wirklich dran zu bleiben. Die Gedanken auszuschalten. Sitzen zu bleiben. Finden alle anderen pillepalleeinfach? Nun gut, für mich ist es das nicht. Mich kostet es Überwindung, nicht nach 20 Sekunden zu denken: „Ja, hab ich jetzt gesehen. Jetzt geh ich mir einen Kaffee holen. Ich muss Pipi. Ich hab Hunger. Mir ist langweilig. Ich mag diese Übung nicht. Ich mag Achtsamkeit nicht!“ Auch das darf ich so annehmen, wie es ist. Nicht ganz so einfach. Auch wenn alle anderen noch auf ihrer Rosine rumkauen.
All die wundervollen Effekte von Achtsamkeit hast du nämlich nicht, wenn du nicht achtsam bist. Logisch. Aber was, wenn du ein ganz kleines bisschen achtsam bist? So ein winzig kleines Stückchen Achtsamkeit? Nur mal kurz. Nur mal jetzt. Jetzt in diesem Moment. Ohne Rosine. Und ohne optimalste Voraussetzungen wie absolute Ruhe, keiner nervt, die Haustierklingel ist ausgeschaltet, Handy liegt im Bad, alle Familientiere schlafen und auch der Nachbar mäht keinen Rasen…. Du kannst natürlich warten, bis all das zusammentrifft. Oder einfach machen. Jetzt. Mit Hintergrundgeräuschen. Mit tausend Gedanken im Kopf. Mit unbequemer Hose und obwohl du dich noch nicht geistig-seelisch-moralisch vorbereitet hast. Einfach mal machen – und warten, was draus wird. Die Gedanken abdimmen und ziehen lassen. Den Augenblick spüren. Die Augen schließen, damit das Innen lauter wird als das Außen…… vertraue!