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Traumatische Vergangenheit

Weiter geht´s mit meinen persönlichen Betrachtungen und Überlegungen.

Wie können Eltern ihren Kindern „so etwas“ antun? „So etwas“ soll jetzt mal die allgemeine Beschreibung sein für das, was unsere Pflegekinder Jahre und Jahrzehnte später noch so beeinträchtigt, dass es ihren Alltag empfindlich stört.

Und schon stehen wir mitten in einer Überlegung, die wir eigentlich nicht führen können, weil uns die Informationen dazu fehlen. Aber wenn wir die Kinder betrachten, wenn wir all ihr Leid mitbekommen, dann stellen wir uns die Frage halt doch. Weil der Mensch einfach so gestrickt ist, dass er Erklärungen sucht, um etwas verstehen zu können – in der Hoffnung, anschließend besser damit umgehen zu können. Aber…. manchmal gibt es einfach keine Erklärung. Selbst wenn wir Verwandtenpflege machen und die Geschichte ein kleines bisschen kennen. Es ergibt sich nichts, weil…. weil es nun mal nicht zu erklären ist, warum man die eigenen Kinder vernachlässigt, missbraucht und vergisst. Nicht, wenn wir mit unseren eigenen Augen hinschauen. Die sind geprägt von unseren Gefühlen, Glaubenssätzen und Gedanken. Damit kann man einen anderen Menschen, mit anderen Gefühlen, Glaubenssätzen und Gedanken einfach nicht verstehen. Das macht uns manchmal hilflos. Weil wir GLAUBEN, dass wir MEHR helfen könnten, wenn wir eine Logik hinter alledem erkennen. Nein. Keine Logik, kein Verstehen, kein Erfühlen. Vielleicht hat aber gerade das einen tieferen Sinn?

Das auffällige Verhalten eines Kindes wird (meistens) nicht durch eine einzige Situation ausgelöst. Das ist bei einem Monotrauma der Fall, aber wir reden hier von etwas anderem: von einer traumatischen Kindheit. Also von etwas, was nicht EIN EINZIGER Punkt in der Biographie ist, sondern eine Aneinanderreihung von ungünstigen Faktoren und der Gesamtheit von Lebensumständen. Etwas, das niemand verstehen kann, weil es einzigartig ist. Selbst Geschwister erzählen verschiedene Geschichten. Je nach Stellung in der Familienhierarchie, Geschlecht oder Geschwisterkonstellation können sie komplett andere Erfahrungen gemacht haben. Vielleicht verdiente der Papa bei einem Kind noch ausreichend Geld, war aber beim nächsten Kind schon arbeitslos und es gab deswegen viel Streit zwischen den Eltern. Oder bei dem älteren Kind stand noch eine Oma zur Verfügung, die betreute und aushalf, während sie beim jüngsten Kind schon nicht mehr da war.

Das Familienklima ist sowieso etwas, was sich schlecht in Worte fassen lässt. Während ein Kind eher stabil ist und sich auch durch Bestrafungen nicht von seinem eigenen Ding abbringen lässt, ist ein anderes Kind vielleicht eher introvertiert und traut sich nicht mehr zu reden. Der eine Weg ist nicht besser als der andere. Es steht dem Kind schlicht und ergreifend kein anderer Weg zur Verfügung. Von außen muss man nur wissen:

  • die Kinder, die am laut schreien und toben, sind NICHT die, die mit der Situation am besten fertig werden. Kein Kind kann sich gegen einen Erwachsenen durchsetzen und behaupten.
  • die Kinder, die ruhig und angepasst sind, nicht NICHT die, die am wenigsten beeinträchtigt sind. Sie halten ihr Innerstes bedeckt und machen oft aus purer Angst genau das, was von ihnen verlangt wird. Das sieht nach außen „gut“ aus. Ist es aber nicht.

Wir müssen uns freimachen von der Hoffnung, dass wir verstehen können, was da passiert ist und dass wir erst dann helfen können. Manchmal sind Informationen wirklich sehr nützlich. Aber im Prinzip reicht es völlig aus, das Kind dort abzuholen, wo es gerade steht. Im Hier und Jetzt. Nicht in der Vergangenheit. Denn dadurch klammern wir es auch ein Stück weit dort fest. Gehen wir unvoreingenommen auf das Kind zu und schauen uns an, was JETZT wichtig ist. Fehlt ihm Sicherheit, weil es diese bisher nicht erleben durfte – dann geben wir ihm Sicherheit. Fehlt ihm Struktur, weil die Ursprungsfamilie in den Tag hinein lebte – dann geben wir ihm eine stützende Struktur. Fehlt ihm Liebe – dann kriegt es die von uns. Egal, warum. Weil ein Kind nun mal Liebe braucht.

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