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Das wundervoll entschleunigte Familienleben – nicht!

Wenn mir jetzt noch ein einziger Mensch erzählt, wie wundervoll entschleunigt das Leben gerade ist, weil wir ja alle so gemütlich und entspannt daheim mit der ganzen Familie sitzen, was der Verdienst des Corona-Virus ist…. dann krieg ich doch noch nen Lagerkoller.

Nein, ich sehe das nicht so. Nein, ich sehe das überhaupt nicht so. Nein, ich sehe das gar nicht so. Nein, ich bin dem Virus nicht dankbar für mein angeblich so entspanntes Familienleben.

Ich dachte die ganze Zeit, mit mir stimmt was nicht. Mein Leben ist nicht entschleunigt. Meine Arbeit läuft weiter, da bei mir ja fast alles online passiert. Unsere Familie rückt auch nicht so nett zusammen. Ich leide wie ein Hund, wenn ich mich von meinen Kindern fernhalten muss, damit sich niemand anstecken kann (schon mal drüber nach gedacht, wenn gar nicht alle so schön im Wohnzimmer am Lagerfeuer zusammen sitzen, sondern ein Mitglied der Familie Hochrisikopatient ist und deshalb von den anderen isoliert werden muss?). Ich finde es natürlich toll, wenn die Luft wieder sauber ist und die Delphine wieder schwimmen können – aber doch nicht um den Preis von so vielen Menschenleben (ja, man kann darüber diskutieren, will ich aber jetzt nicht). Ich erlebe die Angst und Unsicherheit so vieler Menschen, deren Existenz auf dem Spiel steht, weil sie keine Arbeit mehr haben – und die Angst derer, die Arbeit haben und sich deshalb in Gefahr begeben müssen. Nein, ich bin diesem Corona-Virus (oder dem Umgang damit) überhaupt nicht dankbar. Und mein Gehirn ist einfach zu klug, um jetzt mit aller Macht irgendeine positive kunterbunte Wolke über all die negativen Gedanken zu verstreuen. Klappt bei mir nicht.

Da ich vielen „positiven“ Menschen in meiner Facebook-Timeline begegne, dachte ich zuerst, dass irgendetwas nicht mit mir stimmt. So funktioniert der Mensch nun mal. Wenn man anders denkt als andere, dann guckt man zuerst mal bei sich selbst nach. Bis meine Coach Christina Baier (Werbung) mir gestern schrieb: „Gabi, mit dir stimmt alles!“ Genau deshalb hat man einen Coach. Damit er (oder in diesem Falle sie) deine Wahrnehmung mal kurz und knapp wieder richtig rückt. Schwupps. Und seither sehe ich auch wieder etwas klarer. Warum? Weil ich wieder differenziert wahrnehmen kann. Weil ich wieder ICH bin.

Nicht bei allen ist das Familienleben nämlich gerade so nett und wundervoll. Ich gönne es all denen, bei denen es so ist. Das trifft auch auf viele meiner Freundinnen zu und ich finde es großartig. Mama und Papa sind daheim, weil sie nicht arbeiten dürfen und die Kinder genießen die volle Aufmerksamkeit der Eltern. Wundervoll. Aber darüber dürfen wir nicht vergessen, dass es bei anderen halt einfach nicht so ist. Allumfassend alles positiv finden, könnte dadurch dem ein oder anderen sauer aufstoßen. Mir zum Beispiel. Bis gestern.

Da hilft nur eins: genau hinschauen und hinfühlen.

❓ wie genau ist das bei uns? Nicht bei anderen, sondern bei uns, in unserer Familie mit diesen speziellen Menschen und in unserem Umfeld? Fakten erkennen – und annehmen. Es ist jetzt so, wie es ist.

❓ was genau hat sich alles für uns geändert? Was ist positiv? Was negativ? Also differenzieren. Es ist nicht alles blöd, was blöd aussieht.

❓ wie kommen wir bisher damit klar? Veränderungen bringen immer neue Gedanken. Was funktioniert gut und wo hätten wir gerne bessere Lösungen? Wo dürfen wir uns denn mal selbst auf die Schulter klopfen, weil wir es richtig gut hinbekommen? Wo sind wir dankbar für Eigenschaften und Stärken unserer Kinder?

❓ was könnten wir ändern, damit die aktuelle Situation für uns alle etwas einfacher wird? Nur 5% einfacher. Und 5% sind wirklich immer drin. Was müssen wir dafür tun?

❓ welche Glaubenssätze dürfen wir loslassen, damit wir neue Möglichkeiten erkennen können? Nur weil wir etwas „schon immer so“ machen, muss es nicht auch für alle Zeiten die beste Lösung sein. Natürlich ist Fernsehschauen am frühen Morgen nicht toll für unsere Kinder – aber vielleicht für eine begrenzte Zeit gar nicht so schlimm, weil sie neue Ideen bekommen und Mama vielleicht mal kurz etwas runterfahren kann? Gesund kochen ist sehr lobenswert – wenn die Kinderaugen aber bei Pommes leuchten, dann wäre es mir das gerade mal wert. Spielen im Matsch – garantiert nicht immer erwünscht, aber vielleicht macht genau das gerade gute Laune?

Familien mit Kindern, die eine feste Struktur brauchen, müssen sich jetzt vielleicht mühsam eine ganz neue Struktur erarbeiten. Weil für manche Kinder der Wegfall des Gewohnten schon schwer genug zu verkraften ist, sollen Randbedingungen nach Möglichkeit erhalten bleiben. Ein übergeordneter Rahmen erleichtert ihnen die neue Situation. Schlaue Sprüche von anderen Eltern, die alles so wundervoll hinbekommen, sind wie eine Klatsche ins Gesicht. Und wer will die schon? Echte Hilfe ist aber erwünscht und lässt die Menschen – wenn auch aktuell nur virtuell – wieder zusammen rücken. Denkt niemals, es wäre zu banal, was ihr zu sagen habt. Es gibt irgendwo einen Menschen, für den das jetzt und im Moment passt. Und der dir sehr dankbar für deine Unterstützung ist.

Kindergärten und Schulen geschlossen. Oma und Opa dürfen nicht besucht werden. Keine Nachbarskinder zum Spielen da. Nicht schön – aktuell aber nicht vermeidbar. Gewöhnen wir uns und unseren Kindern an, mal über den Tellerrand zu schauen. Probieren wir neue Möglichkeiten aus. Vielleicht Skype und Zoom, um unsere Lieben wenigstens auf dem Computerdesktop sehen zu können. Mit ihnen zu reden und uns auszutauschen. Welche Möglichkeiten sehen sie? Was könnte man einfach mal ausprobieren? Wen könnten wir denn fragen? Hören wir auch unseren Kleinsten zu. Was möchten sie machen? Was tut ihnen gut? Lassen wir uns auf sie ein. Sie werden es uns danken. Jedes Kind reagiert anders. Manche (alle?) sind so sensibel, dass sie die Sorgen und Nöte der Eltern spüren. Daraus resultierende Unsicherheiten versuchen sie vielleicht durch große Töne, Trotz und Aggressionen zu überspielen. Schauen wir doch mal genauer hin und versuchen, einfach mal hinter die Maske zu blicken.

So wie ich die Verschwörungs-Theoretiker und die Allerschlimmste-Version-Verbreiter gerade ausblende, so mag ich auch die Positive-Glitzerwolke-Vertreter nicht mehr lesen. Meine Facebook-Freundesliste wird also immer kleiner. Aber wie so oft: das hat auch seine guten Seiten, weil ich dann die guten Texte wieder lesen kann. Die, die Hoffnung verbreiten, aber Schwierigkeiten nicht verleugnen. Und die, die wirklich Hilfestellung geben. So viele Coaches teilen gerade ihre Kurse kostenlos oder stark vergünstigt. Meditationen werden speziell für diese Zeiten aufgenommen und veröffentlicht. Wer sich noch nie mit diesen Möglichkeiten beschäftigt hat: jetzt ist die Gelegenheit dazu. Ich mache zur Zeit 4 verschiedene Onlinekurse gleichzeitig. Mir wird garantiert nicht langweilig und ich kann jeden Tag so viel dazu lernen. Um später gestärkt aus dieser Situation hervorzugehen.

Meinen eigenen Onlinekurs „Selbstfürsorge für Pflegeeltern“ gibt es deshalb auch gerade kostenlos. Weil Selbstfürsorge gerade jetzt so wichtig ist. Mit dem Gutschein „Selbstfürsorge“ könnt ihr ihn hier bekommen: Selbstfürsorge für Pflegeeltern

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