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Muss man denn vielleicht gar nicht perfekt sein?

Allgemein

Nach den letzten beiden Blogbeiträgen von mir habe ich unheimlich viele Kommentare bekommen, die sinngemäß lauten:

„Ich erkenne mich in deinen Sätzen wieder! So geht es mir auch! Ich kenne das!“

Nun frage ich mich langsam:

wenn es doch vielen Frauen so geht, warum setzen wir uns dann alle so unter Druck? Vor wem wollen wir denn perfekt dastehen – wenn andere auch nicht perfekt sind? Warum treiben wir uns an, obwohl wir schon lange müde sind, nur damit andere gut von uns denken? Das macht doch alles gar keinen Sinn! Vielleicht müssen wir das ja gar nicht?

Es gibt diese immerwährenden Spielchen: „Wer ist die beste Mama / die beste Hausfrau / die beste Hundebesitzerin / die beste….?“. Muss man da überhaupt mitspielen? Darf man sich auch ausklinken – ganz entspannt und mit einem guten Gewissen?

Die „Perfekten“….. Dazu fällt mir ganz viel ein. Die kleinen Jungs im Handball- oder Fußballverein – und ihre perfekten Mamas, bewaffnet mit Megafon und Trinkflasche und riesiger Sporttasche (ich würde wirklich gerne wissen, was da immer drin ist) am Spielrand. Kekse backen in der Grundschule und Vereinsfeiern am Wochenende. Würstchen grillen beim Sommerfest und biologisch wertvolles Pausenbrot in Herzchenform mit Grünzeuggarnierung. WEHE dem, der da nicht mitspielt. Der ist für immer Außenseiter (Fehler werden mit herablassenden Blicken geahndet und vom Kindergarten über die Grundschule bis hin zur weiterführenden Schule hinter vorgehaltener Hand unter den Insidern weitergegeben – garantiert).

Man trifft diese „Perfekten“ übrigens auch bei Facebook in verschiedenen Hundeforen. Denn das sind die, die auf die unschuldige Frage „Wie oft und wie lange geht ihr denn mit euren Hunden spazieren?“ immer antworten: „Morgens kurz eine Stunde und abends vor dem Schlafengehen auch noch mal schnell eine Stunde zum Pipimachen. Mittags natürlich eine große Runde, etwa 3 Stunden. Am Wochenende und bei gutem Wetter selbstverständlich mehr. Das ist das Minimum. Wer das nicht kann, der soll sich gefälligst keinen Hund zulegen!“. Anscheinend müssen die keinen Haushalt machen, nicht arbeiten und nicht einkaufen. Doch, denn bei entsprechenden Rückfragen kommt die Antwort: „Ich arbeite ganztags, alles eine Frage der Organisation! Man muss nur wollen.“.

In der „WiewerdeichdieperfektesteHausfrauallerZeiten“-Gruppe bei Facebook gibt es manchmal Tipps, da weiß ich gar nicht mehr, ob das ernst gemeint ist. Ich lese die Frage: „Wie reinigt ihr denn eure Rolladengurte, wenn sie so leicht grau werden?“ Ich möchte schon eine witzige Bemerkung darunter schreiben, weil ich denke, dass da jemand die anderen veräppeln will. Aber da ist jemand schneller als ich und schreibt: „Du musst den Gurt komplett rausmachen, dann kannst Du ihn in der Waschmaschine mitwaschen!“ Hä? Oder „Rühre doch eine Paste mit Backpulver und etwas Milch an, die du eine Stunde einwirken lässt. Damit kriegst du diesen häßlichen Grauton raus!“ Euer Ernst? Ihr macht euch Sorgen um das Vergilben eurer Rolladengurte? Meine Rolläden im Wohnzimmer sind seit Jahren kaputt. Den einen lasse ich permanent oben, damit der Gurt, der nur noch an zwei ganz dünnen Fäden hängt, nicht abreißt. Naja, ist ja auch nicht schlimm, kann man von draußen auf mein Aquarium schauen. Auf der anderen Seite muss ich den Gurt von Hand über den kleinen Kasten wickeln, weil er sich nicht automatisch wieder aufzieht. Heute nachmittag – endlich – kommt ein Rolladenbauer vorbei und repariert das. Hoffentlich fragt der mich nicht, warum der Gurt so grau ist. Huch – ich muss ja vorher noch aufräumen und die Weihnachtsdeko wieder von den Fenstern entfernen. Nicht, dass die Männer denken, ich hätte den Termin vergessen oder wäre nicht vorbereitet.

Und so gibt es auf jedem Gebiet jemandem, der nichts besseres zu tun hat, als einem unter die Nase zu reiben, dass man grottenschlecht ist in dem, was man macht. Wenn man mal was macht. Weil man ja zuwenig macht. Immer. Und dann auch noch das Falsche. Wobei man sich ja auch fragen könnte, wie diese Leute es denn schaffen, neben ihrem straff organisierten Tagesplan überhaupt noch bei Facebook reinzuschauen. Woher wissen die überhaupt, dass es Facebook gibt?

Wäre es nicht schön, wenn jeder so sein dürfte, wie er ist? Ohne sich zu verstecken? Ohne eine Maske aufzusetzen? Es wird immer ganz groß gepostet, wie wichtig es ist, andere nicht zu diskriminieren. Wie soll das denn im großen klappen, wenn es im kleinen nicht funktioniert? Warum muss man sich selbst so gut darstellen, indem man andere runtermacht? Fühlt man sich dann tatsächlich besser – auf Kosten der Nicht-Perfekten?

Wäre es nicht wirklich mega, wenn jeder zu dem stehen könnte, was er macht oder halt nicht macht? Ohne Ausrede. Einfach so. Vielleicht findet sich dann wider Erwarten plötzlich noch jemand, dem es ganz genauso geht. Der erleichtert ist, weil es mal ausgesprochen wird. „Ja, bei uns gibt es auch Fertiggerichte, wenn wir keine Zeit zum Kochen haben. Oder keine Lust. Oder einfach, weil uns das schmeckt.“ … „Hey, genial, bei uns ist das auch so.“ Wie schön, dann können wir uns ab jetzt das schlechte Gewissen sparen und uns in dieser Zeit lieber wohlfühlen…

Das gilt übrigens beidseitig. Es ist doch toll, wenn es Leute gibt, die das alles gerne machen. Die es gerne sauber bis in den allerletzten Winkel haben. Die mit ihren Hunden den ganzen Tag on tour sind. Denen es Spaß macht, die verschiedensten Feste in Kindergarten, Schule, Kirche und Verein zu planen und vorzubereiten. Das ist doch super. Und wenn man es richtig gerne macht, dann hat man doch gar nicht vor, den anderen vorzuwerfen, dass „die“ das nicht machen. Sonst würden sie einem doch den ganzen Spaß wegnehmen. Und es ist auch absolut okay, wenn man das nicht gerne macht – und wenn man es dann auch noch zugibt. Nicht über die hetzen, die es gerne machen. Und nicht über die maulen, die es halt nicht gerne machen. Es ist nicht der eine besser als der andere. Jeder auf seine Art – und die Art des anderen freundlich respektieren.

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