„Ganz einfach ich“ – ja, wie bin „ich“ denn einfach?
Gar nicht „einfach“, eher etwas kompliziert gestrickt. Ich fange an, etwas zu erzählen und komme vom Hundertsten ins Tausendste und wieder zurück. Etwas schwer für den Zuhörer, aber zumindest meine Familie hat gelernt, sich einfach das Wichtigste rauszusortieren und den Rest ungehört verhallen zu lassen.
Ich suche ständig Wörter, die ich nicht finde. Dafür rede ich im Geschäft mit meinen Kindern, die NICHT mehr hinter mir stehen, und ernte dafür seltsame Blicke von den herumstehenden Personen. Ich liebe lesen – und lese gleichzeitig an 4 verschiedenen Büchern (und habe noch 8 auf meinem Kindle gespeichert, die ich auch noch dringend lesen wollte). Ich fange immer fünf Dinge gleichzeitig an und verheddere mich, versinke im Chaos, kämpfe mich durch und steige mit wehendem Haar wieder auf.
Ich beginne damit, die Wohnung aufräumen, bringe die schmutzige Wäsche runter, räume dann schnell mal die Waschküche auf und gleich noch den Rest des Kellers, möchte einen Eimer wegstellen und sehe dabei Unkraut, fange zu zu rupfen, meine Hunde beobachten mich und ich fange an, den Ball für sie zu werfen. Ich renne an die Haustür, mein Mann kommt schon von der Arbeit heim und ich wundere mich, dass die Wohnung noch nicht aufgeräumt ist. Wo ist der Tag hin und warum steht hier noch alles auf dem Kopf?
Umgekehrt kann es aber sein, dass ich schon mit einer Idee im Kopf aufwache und direkt um 6.30 Uhr mit noch geschwollenen Augen an den PC hechte. Ohne viel Ahnung, aber mit einer unglaublichen Energie, meine Ideen verwirklichen zu wollen, stelle ich hier mal was um und ändere dort was – mache dem Paketzusteller in meiner Monster-Schlafanzugshose und ungekämmt die Haustür auf – wundere mich, warum die Kaffeekanne schon wieder leer ist – überhöre großzügig das Klingeln des Telefons – – habe zwei Lesebrillen auf dem Kopf und eine auf der Nase – und bin total verwirrt, wenn meine Tochter schon aus der Schule heimkommt, weil es gefühlt erst 7.15 Uhr ist, meine Funkuhr an der Wand aber 15.40 Uhr anzeigt.
Ich gehe einkaufen und will auf dem Weg noch mindestens fünf andere Besorgungen erledigen. Die Hälfte vergesse ich, an anderes denke ich (was ich gar nicht gebraucht hätte), komme heim und lasse die Einkäufe im Auto liegen. Dafür aber mit allen Leuten unterwegs noch ein Schwätzchen gehalten und mal wieder ist der Tag rum.
Ich fange an zu kochen und da es mir zu langweilig ist, neben Topf oder Backofen stehen zu bleiben, mache ich noch schnell was anderes – bis mich ein beißender Geruch zurück in die Küche treibt. Wie mein Sohn es beschreibt: „das Essen ist noch hell-schwarz“!
Ich springe in die Hausschuhe, um meine Kinder irgendwo abzuholen – und stelle bei einem Blick in den Rückspiegel fest, dass ich nur unter einem Auge Kajalstift aufgetragen habe. Spiegel find ich blöd.
Ich rede von „Gleichberechtigung in der Hundeerziehung“ und habe einen Bobtail, der nix kann, aber ein Leckerlie fürs „Lieb-Gucken“ bekommt. Eine Australian-Shepherd-Hündin, die echt was leisten muss für einen Snack (weil sie fast explodiert, da sie gelernt hat, die Tür vom Mülleimer zu öffnen). Und einen Mops, der den ganzen Tag auf dem Schoss gehalten wird, weil er nur dort richtig gut schlafen kann – er wird übrigens auch ins Bett „getragen“. Und ja, falls es jemandem aufgefallen ist, es gibt kaum unterschiedlichere Hunderassen. Aber alle lieben sich – und sie lieben auch meine Katzen.
Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich in Facebook lebe. Dort habe ich so tolle Frauen kennengelernt, mit denen ich mich lieber „unterhalte“ als mit Leuten, die ich irgendwo treffe, aber gar nicht gut finde. Small Talk langweilt mich. Unehrlichkeit macht mich bekloppt. Ungerechtigkeit auch. Ich bin, wie ich bin. Für Masken habe ich weder Zeit noch könnte ich mir sowas merken. Ich kann nicht lügen – konnte ich noch nie. Nicht mal die Klappe halten, wenn es vielleicht mal diplomatischer wäre.
Ich liebe meinen Job über alles – manchmal stehe ich inmitten von drei Zimmern Porzellan und platze fast vor Stolz. Und manchmal fällt es mir sogar schwer, diese wunderschönen Dinge herzugeben Dafür kaufe ich für mein Leben gerne ein – wenn mein Mann mich nicht manchmal bremsen würde, könnten wir noch ein Zimmer anbauen. Ich bestelle die Sachen oft online – und wundere mich dann, wenn nach ein paar Tagen die Pakete ankommen, weil ich schon längst wieder vergessen habe, was da drin ist.
Nichts in meinem Leben ist gradlinig und einfach. Ich habe in grauer Vorzeit eine Lehre als Steuerfachgehilfin angefangen, danach aber wegen meines Sohnes nicht weitergearbeitet. Da ich mit zwei Kindern, einer Oma, drei Hunden und etlichem Kleingetier nicht ausgelastet war, habe ich mein Abitur per Fernkurs nachgemacht, noch ein Kind bekommen, meinen Ebay-Shop aufgemacht, an der Uni Psychologie studiert, um dann nach dem Diplom Gas zu geben – in meinem Online-Shop. Ebay war mir dann auch zu wenig, also habe ich einen eigenen Webshop eröffnet, an dem ich seither ständig rumbastle. Ich möchte meinen eigenen Shop, der MIR gefällt und der MICH zeigt. Nicht so, wie alle anderen ihn haben. So, wie er mir JETZT gefällt. Das kann morgen anders sein. Das kann übermorgen noch mal genau das Gegenteil sein. Aber es ist das, was ich jetzt im Moment richtig gut finde. Nur das kann ich meinen Kunden präsentieren und nur das fühlt sich richtig gut für mich an.
Und, wie es für mich so typisch ist, gerade als ich diesen Text veröffentlichen wollte – war er verschwunden…. Da ich aber mittlerweile Übung darin habe, konnte ich ihn nach einer Schreck-Minute auch wieder finden